Flexibles Verhalten

Flexibles Verhalten

Flexibles Verhalten

Kunststoffrohre haben sich aufgrund ihrer überzeugenden mechanischen und chemischen Eigenschaften sowie Ihrer nachweislichen Langlebigkeit (Zeitstandfestigkeit) in allen Anwendungsbereichen zunehmend durchgesetzt und bewährt. Insbesondere im Versorgungsbereich, in der Entsorgung mittels Druckleitungen sowie in der Sanierung sind die unterschiedlichen Kunststoffrohrsysteme marktführend.

Bei der drucklosen Entsorgung (Freispiegelentwässerung) werden in Deutschland auch heute noch die traditionellen biegesteifen (starren) Rohrsysteme eingesetzt, obgleich die umfangreichen Schäden an den Rohrleitungen (siehe Bild 1) durch biegeweiche Rohrsysteme weitestgehend vermieden werden könnten. Die folgenden Informationen dienen zur Aufklärung von Entscheidern, Planern und Anwendern, die noch keine Erfahrung mit Kunststoffrohren gesammelt haben und deshalb aus Gewohnheit noch die biegesteifen Rohrwerkstoffe auswählen.

Werden drucklose Abwasserleitungen (Freispiegelleitungen) aus unterschiedlichen Werkstoffe wie Beton, Steinzeug, Gusseisen und Kunststoff miteinander verglichen, werden meist nur die werkstoffabhängigen Anforderungen wie

  • Abrieb,
  • Lebensdauer,
  • Chemische Beständigkeit,
  • Temperaturbeständigkeit, etc.

    miteinander verglichen.

    Dieser einseitige Vergleich wird den tatsächlichen Praxisanforderungen von Rohrleitungen in keinster Weise gerecht. Denn in den verfügbaren Schadensstatistiken (siehe Bild 1) werden andere Ursachen für vorzeitiges Versagen verantwortlich gemacht. Gerade in Deutschland sind umfangreiche Studien über den Zustand der öffentlichen Kanäle sowie zu deren Ursachen für Schädigungen erstellt und publiziert worden.

    Bild 1: Schadensraten (Anzahl Schäden pro Kanalkilometer) biegesteifer und biegeweicher Rohrwerkstoffe bei öffentlichen Abwasserkanälen (2006)
    Quelle: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner, Beratende Ingenieure (S&P), European study of the performances of various pipe systems, respectively pipe materials for municipal sewage systems under special consideration of ecological range of effects during the service life.

    Die Schadensursachen beziehen sich überwiegend auf die Werkstoffe Beton und Steinzeug, die auch gegenwärtig im deutschen Abwassernetz vorzufinden sind.

    • Risse in den Rohrleitungen mit im Mittel 13 Schäden/1.000 m sind einer häufigsten Schäden, wobei Beton und Steinzeug nahezu identische Werte aufzeigen. Die Schadensursache hierfür ist nicht etwa eine ungenügende Materialqualität, sondern eine statische Überlastung (hohe Krafteinwirkungen).

      Beton und Steinzeug sind biegesteife (starre) Werkstoffe mit hoher Steifigkeit bzw. hohem E-Modul, (siehe Bild 2).

      Bild 2: Übersicht biegeweiche und biegesteife Rohre
      Quelle: Lesch Consult, Würzburg

      In der Erdverlegung ziehen Bauteile aus biegesteifen Werkstoffen auftretende Lasten auf sich, da der Boden und Verfüllungsmaterial (Sand, Kies) geringere Steifigkeit besitzt und damit weniger stabil ist (siehe Bild 3).

      Bild 3: Verhalten von biegesteifen und biegeweichen Rohren unter Last
      Quelle: Lesch Consult, Würzburg

      Die Folge davon ist, dass sie bei auftretenden Überlastungen mit unmittelbarem Bruch oder Riss des Bauteils reagieren. Kraftumwandlungen durch Biegung oder Dehnung treten praktisch nicht auf.
      Kunststoffrohre dagegen sind flexibel und werden in der Normung als beigeweich eingestuft. Sie zeigen bei der Erdverlegung im Vergleich zu den biegesteifen (starren) Rohren ein grundsätzlich anderes Verhalten.

       

      Verhalten von erdverlegten Rohrsystemen gegenüber Lasten

      Um die Auswirkungen von mechanischen Belastungen (hohe Lasten wie z. B. Erdlasten, Verkehrslasten, etc.) bei erdverlegten Rohrsystemen zu verstehen, muss man die Wechselwirkungen betrachten, die sich zwischen den Bauteilen und dem sie umgebenden Erdreich ergeben.

      Wie man aus Bild 3 und 4 erkennen kann, verhalten sich biegesteife und biegeweiche Rohrsysteme bei der Übertragung von Lasten aus dem Erdreich über der Rohrleitung und den Verkehrslasten grundlegend unterschiedlich. Die Ursache hierfür sind die Unterschiede in der Rohrsteifigkeit (E-Modul) der jeweils verwendeten Rohr- und Bodenmaterialien.

      Bild 4: Lastverteilung zwischen Rohr und Boden
      Quelle: Lesch Consult, Würzburg

      Biegesteife (starre) Rohre sind steifer als das sie umgebende Erdreich. Auftretende Lasten konzentrieren sich auch das Rohr, da das umgebende Erdreich den Lasten z. B. durch Bodensetzung ausweicht. In der Praxis spricht man von einer Lastkonzentration auf das Rohr.

       

      Biegeweiche (flexible) Rohre mit Ringsteifigkeiten, wie sie bei drucklosen Abwasser-Freispiegelleitungen heute verwendet werden, sind dagegen deutlich „weicher" als das sie umgebende Erdreich. Hierbei weicht das Rohr (z. B. Kunststoffrohr) den auftretenden Lasten durch Verformung aus. Das bedeutet für den im Vergleich steiferen Boden in der Umgebung, dass er zwangsläufig die Lasten aufnehmen und weiterleiten bzw. ableiten muss.

       

      Erklärung des Verhaltens von biegeweichen (flexiblen) Rohren bei Auflasten

      Kunststoffrohrsysteme bilden aufgrund Ihres Verformungsvermögens im Gesamtsystem Rohr-Boden eine Art „Gewölbe " (siehe Bild 5), über welches direkt Lasten in das Erdreich abgeleitet werden.

      Bild 5: Gewölbeeffekt bei der Erdverlegung von biegeweichen Kunststoffrohren
      Quelle: Lesch Consult, Würzburg

      Der „Gewölbeeffekt" hat zur Folge, dass langzeitig betrachtet, Spannungen bzw. Dehnungen in der Rohrwandung bei konstanter Belastung relaxieren können (Abbau von Spannungen).

      Konsequenzen für die Verlegung von biegesteifen (starren) Rohren

      Das biegesteife Rohr aus Beton oder Steinzeug leitet die Auflasten des Grabens in seinem Fußpunkt an den Boden weiter. Um diesen Lasten standzuhalten, muss für eine möglichst breite Rohrauflage im Fußpunkt gesorgt werden. In den Statiken für die jeweils zu verlegenden Rohrleitungen werden die Mindestauflagewinkel genau festgelegt. Nut bei Einhaltung dieser geforderten Mindestwerte bei der Rohrverlegung ist die Standfestigkeit der biegesteifen Rohre gewährleistet. Es ist nachvollziehbar, dass das Einbettungsmaterial in diesem unteren Zwickelbereich sehr hoch verdichtet muss, um die Lasten vollflächig übertragen zu können.

      Konsequenzen für die Verlegung von biegeweichen (flexiblen) Rohren

      Beim biegeweichen Rohr aus Kunststoff verhält es sich ganz anders. Hierbei reagiert der Boden seitlich des Rohres auf die Auflasten mit Verdichtung, da das Rohr diesen Auflasten durch eine zulässige Verformung (siehe Bild 3) ausweicht. Die Last wird quasi teilweise in den horizontalen Bereich umgeleitet und teilweise in Verformungsenergie umgewandelt. Die Verdichtung des Erdreiches bzw. Verfüllungsmaterials setzt sich solange fort, bis der Boden eine Steifigkeit erreicht hat, die die Auflasten auf den Untergrund übertragen kann.

       

      Verhalten von Rohrsystemen auf Belastungen im Erdreich

      Im Wesentlichen gibt es in der Praxis zwei unterschiedliche Reaktionen:

      1. Lageversatz – relevant für alle Rohrwerkstoffe und Rohrarten

      Die Qualität des Rohrauflagers im Rohrgraben hat eine ganz entscheidende Auswirkung auf die Qualität der erdverlegten Rohre. Das gilt für alle Rohrwerkstoffe und Rohrarten. Auf der Rohrleitung lastet alleine ein Gewicht des Verfüllmaterials im Graben von rund 20kN/m3 (oder 2 Tonnen/m3). Befinden sich im Rohrauflager Unterschiede im Bodenmaterial, z. B. wechselnde Bodenarten bzw. Verdichtungsgrade, so werden die Rohre durch die Erdlasten zwangsläufig in die weicheren Bodenstellen hineingedrückt. Dabei verändern die Rohre ihre ursprüngliche Lage, es entstehen die sogenannten „Unterbögen", siehe Bild 6 (Lageversatz im Mittel 12 Schäden/1.000 m siehe Bild 1).

      Schon vor Jahren hat die Betonindustrie in Nordeuropa versucht, als Antwort auf die 5m langen Kunststoffrohre längere Betonrohre auf den Markt zu bringen. Man hat den Versuch aufgeben müssen, da die unvermeidbaren Unebenheiten im Rohrlager verstärkt zu radialen Brüchen (Versagen in Querrichtung) geführt haben, aufgrund des auf dem Rohr lastenden Bodenmaterials. Die verschiedenen Rohrarten reagieren unterschiedlich auf diese Belastungen, wie im Bild 6 dargestellt.

      Bild 6: Unterbögen bei erdverlegten Rohren
      Quelle: Lesch Consult, Würzburg

      Biegesteife (starre) Rohrsysteme können auf die Belastungen nur mit Lageversatz und gleichzeitiger Abwinklung in der Muffe reagieren. Die Muffen-Verbindung muss damit nicht nur die Dichtigkeit gewährleisten, sondern Muffe und Spitzende müssen gleichzeitig dabei die auftretenden hohen mechanischen Kräfte aufnehmen. Dabei weiß man aus den Baustellenschäden in der Praxis, wie empfindlich gerade die Spitzenden dieser Rohre sind.

      Biegeweiche (Flexible Rohre) passen sich automatisch den Ungleichmäßigkeiten im Auflager an. Das geschieht, je nach Auflagerbeschaffenheit, sowohl im Rohrschaft als auch im Muffenbereich. Die Muffenverbindung muss bei diesen Vorgängen allerdings keine zusätzlichen Belastungen aus den möglichen Bewegungen der Rohrlänge aufnehmen. Daher können Kunststoffrohrsysteme in der Erdverlegung 5 m, 6 m und 12 m Baulängen haben, wenn sie nicht gleich von der Trommel (Ringbund) geliefert werden.

      Es stellt sich die Frage, ob die unterschiedlichen Rohrarten mit unterschiedlichem Lageversatz auf die Belastungen reagieren.

      Betrachtet man die Rohrbelastungen im Erdreich, wie sie vorher beschrieben wurden:
       

      • so wird das biegesteife (starre) Rohr auf Unregelmäßigkeiten im Auflager mit höheren Lageveränderungen reagieren müssen. Wie bereits erwähnt, können die auftretenden Belastungen auf das Rohr nur über die bei der Verlegung erstellten Rohrauflager im Fußpunkt des Rohres in den Untergrund abgeleitet werden. Dies führt zu punktuelle höheren Belastungen und damit zu höheren Setzungsreaktionen des Erdreichs bzw. Bodens. Die Folge davon ist meist eine stärkere Ausbildung von sogenannten „Unterbögen".
      • das biegeweiche (flexible) Rohr folgt diesen Vorgängen nur indirekt, da die Belastungen insbesondere auf das seitliche Bettungsmaterial wirken. Die Auflasten werden über den seitlichen Boden weitergeleitet und wirken damit auf die gesamte Bodenfläche des Grabenbodens beiderseits des Kunststoffrohres. Die punktuelle Belastung auf das Rohr ist damit wesentlich geringer. Bei Kunststoffrohren können unter bestimmten Bedingungen auch Unterbögen entstehen, insbesondere wenn sich durch Setzungsbewegungen das Erdreich senkt und das flexible Rohr (ohne Bruch) dem umgebenden Erdreich quasi zwangsläufig folgt.

         

        2. Die Verformung (= Sicherheit) von Kunststoffrohren als Reaktion auf die Belastungen

        Wie vor beschrieben, ist eine schlechte Vorbereitung des Rohrauflagers (keine Verdichtung des Bodens gemäß den Verlege-Richtlinien) oft die Ursache für den entstehenden Lageversatz bei den erdverlegten Rohrleitungen.

        Eine ganz andere Ursache kann zur Verformung und damit zur definierten und zulässigen Ovalität des Kunststoffrohres (eliptische Rohrform) führen. Hierbei spielt der seitlich neben dem Rohr eingebrachte Boden die entscheidende Rolle. Für ein besseres Verständnis und Erklärung der Auswirkungen sollte man der Verformung von erdverlegten Kunststoffrohren zwischen zwei Zeiträumen unterscheiden (siehe Bild 7):

        Bild 7: Rohrverformung (= Sicherheit) während der Verlegung und Bodensetzungen
        Quelle: Lesch Consult, Würzburg
         

        • Verformung während der Rohrverlegung (Rohrverdichtung)
          Während der Einbringung und Verdichtung des Verfüllmaterials im Rohrbereich treten Verformungen am Kunststoffrohr auf, deren Ausmaß insbesondere von der Handhabung der Bodenverdichtung abhängig ist bzw. beeinflusst wird. Die Rohrsteifigkeit (E-Modul) spielt dabei, wenn überhaupt, nur eine sehr untergeordnete Rolle.
        • Verformung während der Setzungen
          Nach Beendigung der Grabenverfüllung und schichtenweiser Verdichtung beginnt bei allen Rohrarten die Bodensetzung. Bei Kunststoffrohren führt sie im allgemeinen zu einer Erhöhung der Rohrverformung. Die Bodensetzungen sind normalerweise nach einigen Jahren abgeschlossen.
          Der Zeitraum der Bodensetzungen bestimmt sich vor allem aus dem Verdichtungsgrad des Bodens während der Verlegung sowie aus der verwendeten Bodenart im Bettungsbereich. Eine bessere schichtenweise Verdichtung und weniger bindige Böden führen zu kürzeren Setzungszeiträumen sowie zu einer geringeren Verformungszunahme.

          Auch das Ausmaß der Bodensetzungen ist primär von Bodenart und Bodenverdichtung abhängig. Dabei stellt sich die Frage, welche weitere Verdichtung des seitlichen Verfüllmaterials durch Setzungen nötig ist, damit es die anstehenden Auflasten an den Untergrund weiterleiten kann.

          Da bei Kunststoffrohrsystemen die Bettungssteifigkeit um einen Faktor 20 bis über 1000 über der Rohrsteifigkeit liegt, wird klar, dass das Kunststoffrohr kaum zur Lastübernahme beitragen kann. Damit bestimmt sich die Höhe der Rohrverformung praktisch aus der erforderlichen Bodenverdichtung. Wenn das umgebende Erdreich vom Kunststoffrohr nach Abschluss der Setzungen die Belastungen trägt, liegt das Kunststoffrohr praktisch lastfrei im Boden.
          Das bedeutet eine weitere Zunahme der Verformung des Kunststoffrohres kann quasi ausgeschlossen werden. Was sich in der Praxis bestätigt hat, wie vielzählige langjährige Verformungsmessungen an Kunststoffrohren beweisen.

           

          Ausmaß der Verformung bei Kunststoffrohren in der Praxis

          Im Allgemeinen weisen erdverlegte Kunststoffrohre (z. B. als Abwasser Freispiegelleitungen), die gemäß der DIN EN 1610 (Verlegung und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen) verlegt sind, Verformungen in der Größenordnung zwischen 2 % und 4 % auf (90 % Fraktile: Fraktilwert = Erwartungswert für eine vorgegebene % - Fraktile = Überschreitungs -Häufigkeit), siehe Bild 7. Der Wert einer europäischen Studie liegt mit etwa 6% bis 8% etwas höher. Das ist darauf zurückzuführen, dass in anderen Ländern zum Teil deutlich niedrigere Anforderungen an die Verlegung und Bodenverdichtung gestellt werden, gleichzeitig auch höhere Verformungen zugelassen sind, die zu keiner Beeinträchtigung von Funktion und Sicherheit führen.

          Die in der alten DIN 4033 (...) festgelegte Obergrenze für Verformung von 6 % ist ein recht niedriger Wert. Dieser Wert wurde in der Vergangenheit nicht etwa aufgrund der Belastungsfähigkeit der flexiblen Kunststoffrohre, sondern eher willkürlich festgelegt. In Nordeuropa beispielsweise, wo Kunststoff-Abwasserkanalrohre heute einen Marktanteil von über 70 % haben, liegt der erlaubte Verformungswert bei 15 %. Sicherlich ist eine Anhebung der Verformungsgrenzwerte nicht das Ziel. Die höchste Sicherheit für die Langlebigkeit von Kunststoff-Abwasserkanalrohren ist die fachmännische Verlegung nach Norm bzw. den spezifischen Verlege-Richtlinien der Hersteller.


          Verhalten der Kunststoffrohre bei Veränderungen im umgehenden Erdreich

          In der Praxis bleibt die Rohrleitung während der Nutzungsdauer nicht immer unberührt im Boden liegen. Es ist damit zu rechnen, dass sich der umgebende Boden durch äußere Einflüsse verändert. Das kann z. B. durch neue Bauarbeiten in der Rohrleitungsnähe, durch Grundwasserveränderungen oder durch Bodenverschiebungen und Bergsenkungen (insbesondere in Bergsenkungsgebieten) verursacht werden. Dabei entstehen i. a. neue Belastungen, für die die Rohrleitung entsprechende mechanische Reserven besitzen sollte. Das Auftreten solcher neuen Belastungen löst im Rohr-Bodenbereich die praktisch gleichen Vorgänge aus, die für die Neuverlegung ausführlich beschrieben wurden.

          • Bei biegesteifen (starren) traditionellen Rohren entsteht eine weitere Lastkonzentration.
          • Bei biegeweichen (flexiblen) Rohren reagiert das Kunststoffrohr auf diese Lasten mit einer Erhöhung der Verformung, gleichzeitig setzt wieder eine Lastumlagerung in das umgebende Erdreich ein.

            Seit vielen Jahren hat man Untersuchungen an PVC- und PE-HD Kunststoffrohren in USA und in Nordeuropa durchgeführt, vor allem wurden dabei zwei Vorgänge näher betrachtet, die am flexiblen Kunststoffrohr nach Beendigung der Setzungen ablaufen:

            • das Langzeitverhalten eines Kunststoffrohres sowie des Rohrmaterials bei konstanter überhöhter Verformung
            • die Entwicklung der Kurzzeit-Rohrsteifigkeit und damit des E-Moduls dieser Kunststoffrohre nach der Langzeit-Lagerung mit solchen Verformungen.

              Um Extrembelastungen zu simulieren, hat man in diesen Versuchen Rohre bei aufgezwungenen Verformungen von 10 % bis 50 % gelagert. Als wesentliche Erkenntnisse dieser zum Teil über 10 Jahre durchgeführten Untersuchungen konnte folgendes festgestellt werden, dass:

              • sie Kunststoffrohre diesen Extrembelastungen langfristig standhalten,
              • sich die inneren Spannungen, die in der Rohrwandung bei der Verformung auftreten, im Laufe der Jahre weitgehend abbauen (Relaxation = Spannungsabbau),
              • die Steifigkeit der Kunststoffrohre und damit der E-Modul des Werkstoffes (PVC oder PE-HD) im Laufe der Jahre sich in keinem Fall reduzierte, sondern eher leicht zugenommen hat.

                Selbst bei erhöhten Verformungen bauen also erdverlegte Kunststoffrohre die entstandenen Spannungen in der Rohrwand über die Jahre ab. Gleichzeitig behalten sie ihre Stabilität und Steifigkeit (Widerstandskraft gegen Verformung) zur Aufnahme neuer Lasten, wann immer erforderlich.

                Sicher können bei solchen zusätzlichen Bodenbelastungen, je nach Größe, ungewollt so hohe Verformungen auftreten, dass die erlaubten Grenzwerte überschritten werden. Entscheidend ist jedoch in solchen Praxisfällen, dass selbst unter diesen bei der Planung und Berechnung nicht vorhergesehene Extrembelastungen die geforderten Grundeigenschaften und damit eine hohe Funktionssicherheit der Abwasserkanal-Rohrleitung gewährleistet wird:

                • Dichtigkeit
                • Funktionsfähigkeit
                • Dauerhaftigkeit (Lebensdauer von über 100 Jahren)

                  Gemäß dem DWA-Arbeitsblatt A 139 (Einbau und Prüfung von Abwasserleitungen und -kanälen) sind das die entscheidenden Kriterien für kommunale Abwasserkanäle sowie Grundstücksentwässerungsleitungen.

                   

                  Verformung als Indikator für Verlegequalität

                  Die vielen Schadensstatistiken zeigen immer wieder, dass eine schlechte Verlegung Hauptursache für auftretende Schäden ist. Die Schäden können vor allem durch ungleichmäßige Bettung sowie durch eine schlechte Verdichtung in der Rohrleitungszone entstehen. Bei biegeweichen (flexiblen) Rohren ergibt sich eine einfache Methode, frühzeitig Informationen zur Verlegequalität zu erfahren. Eine unmittelbare Messung der Rohrverformung (Deformationsmessung z. B. mit dem Deformations- und Kalibermessgerät DKM von Optimess) nach Abschluss der Verlegung gibt hierüber Aufschluss. Dabei gibt vor allem die Streuung der Verformungswerte über die Haltungslängen den Hinweis auf gute, d. h. gleichmäßige oder eine schlechte Verlegung. Eine fachmännische Verlegung führt zu einer gleichmäßigen Verformung über die gesamte Haltungslänge.

                   

                  Verformung ist Sicherheit

                  Die hohe Flexibilität von Kunststoffrohrsystemen führ bei der Erdverlegung Lastausgleich zwischen dem umgebenden Erdreich und dem Kunststoffrohr. Das Kunststoffrohr entzieht sich quasi den auftretenden Lasten durch Verformung und zwingt damit das Bettungsmaterial die Auflasten zu tragen, siehe Bild 5.

                  Die Verformung ist damit keineswegs als Zeichen von zu hoher Belastung zu verstehen, sondern als eine gezielte und gewünschte Reaktion auf die auftretenden Kräfte. Die Lasten werden dabei auf das Erdreich übertragen. Die höhere Steifigkeit des Erdreichs erweist sich dabei stärker als alle beschriebenen Rohrsysteme.