Page 19 - KRV Nachrichten 2023
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Der vorliegende Artikel gibt einen zusammenhängenden und anwen- dungsbezogenen Einblick in die Thematik und stellt den Prozess dieser Zertifizierungen am Beispiel von DEKADUR PVC-U Druckrohren aus dem Hause Georg Fischer DEKA GmbH vor. Die Zertifizierung dieser Produkte erfolgte mit deutlichem Vorsprung vor Ablauf der hierfür vorgesehenen Übergangsfrist, sodass die so zertifizierten Rohre dem Markt als erste im Bereich PVC-U bereits seit September 2022 zur Ver- fügung stehen.
Wasser ist eine Grundlage des Lebens. Sauberes Trinkwasser ist hier- zulande eine Selbstverständlichkeit, auf die wir sehr stolz sein dürfen. Dass dies nicht überall in der Welt so ist, erleben wir oft auf Reisen in andere Länder. Das Trinkwasser in Deutschland gehört zu den welt- weit am besten überwachten Lebensmitteln; wir all profitieren daher von der Sicherstellung des bereits erreichten hohen Qualitäts-Ni- veaus unseres Trinkwassers oder gar einer Verbesserung der Trink- wasserqualität durch strengere Anforderungen an die entsprechen- den Rohrleitungssysteme. Seit vielen Jahrzehnten ist dabei Kunststoff – speziell auch weichmacherfreies Polyvinylchlorid (PVC-U) – ein fest etablierter Rohrleitungswerkstoff für den sicheren Transport von Trinkwasser auf hohem Niveau.
Die Grundlagen der Qualitätssicherung im Hinblick auf Kunststoff- basierende Rohrleitungen in Deutschland bildet die vom Umwelt- bundesamt (UBA) verfasste sogenannte „Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trink- wasser“ (KTW-BWGL), die §17 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) konkretisiert1). Aber abgesehen von denjenigen, die mit der Umstel- lung der früheren KTW Leitlinie auf die KTW-BWGL zu tun haben, stellt diese vermutlich eine mehr oder weniger stark ausgeprägte „Black Box“ dar. In diesem Artikel soll der Versuch gewagt werden, die Anforderungen der KTW-BWGL aus Sicht eines Rohrherstellers zu beleuchten und zu erläutern, wie der Prozess von der Antragstel- lung bis zum Erhalt der Konformitätsbestätigungen abläuft und wieso es zu teils deutlichen Verzögerungen in der Umstellung von der zuvor über lange Jahre verwendeten KTW-Leitlinie kam. Zusätz- lich soll die Einbettung dieser Norm auf dem Weg zur Erteilung der „DVGW Baumusterprüfzertifikate für Produkte der Wasserversor- gung“ (oft im Markt als „DVGW-Zulassung“ tituliert) am Beispiel DE- KADUR PVC-U Druckrohre beschrieben werden, für die im September 2022 als vermutlich erstes PVC-U basierendes Druckrohr das neue DVGW Baumusterprüfzertifikat nach erfolgreichem Durchlaufen des kompletten neuen Rezertifizierungs-Prozesses erteilt wurde.
Struktur des neuen Konzeptes
§17 TrinkwV fordert von den Bewertungsgrundlagen die Vorgabe von Prüfvorschriften samt Parametern, Prüfkriterien und methodische Vorgaben zur Bewertung der hygienischen Eignung der Inhaltsstoffe der eingesetzten Werkstoffe und daraus gefertigten Produkte. Ferner muss die Bewertungsgrundlage Positivlisten der Ausgangsstoffe zur Herstellung dieser Materialien und entsprechende Beschränkungen festlegen. Diese Positivlisten können nach entsprechender Praxiser- fahrung durch Werkstoffe und Materialien erweitert werden, die sich nach Prüfung und Praxiseinsatz im Sinne dieser Bewertungsgrund- lage für eine Eignung im Kontakt mit Trinkwasser hygienisch quali- fiziert haben2).
Wichtig ist, dass mit Wirkung vom 21.03.2021 die KTW-BWGL die bis dahin gültige KTW-Leitlinie abgelöst hat. Mit diesem Datum haben alle Trinkwasserzulassungen für Kunststoffrohre in Deutschland zu- nächst einmal ihre Gültigkeit verloren, und es ist eine Übergangsre- gelung mit Befristung bis zum 21. März 2023 in Kraft getreten. Auf Grundlage dieser Übergangsregelung bleibt der gesetzlich geforderte Nachweis der trinkwasserhygienischen Eignung der Produkte und Materialien bis zum Ablauf dieser Frist erhalten, sofern die betref- fenden Produkte weiter fremdüberwacht, die notwendige neu struk- turierte Zertifizierung beantragt und auch KTW-Prüfzeugnisse exis- tieren, die nach dem 21.03.2013 ausgestellt wurden.
Die Konformität eines Kunststoffproduktes – in diesem Fall eines Kunststoffrohres – mit den Anforderungen gemäß § 17 TrinkwV/ KTW-BWGL kann verlässlich über die Teilnahme des Herstellers an einem Zertifizierungsprogramm einer von der DAkkS (Deutsche Ak- kreditierungsstelle) akkreditierten Zertifizierungs-Stelle erfolgen3). Das Zertifizierungsprogramm für Trinkwasserhygiene kann noch durch ein weiterreichendes Zertifizierungsprogramm zur Überwa- chung der thermo-mechanischen Rohreigenschaften als Druckrohr ergänzt werden.
In diesem Falle werden periodisch durch den Zertifizierer und /oder zugehörigen Prüfstellen (Prüfstelle für thermomechanische Unter- suchung und Prüfstelle für wasserhygienische Untersuchungen) Pro- duktproben beim Hersteller im Rahmen von Inspektionsbesuchen zur Fremdüberwachung entnommen und gemäß Zertifizierungspro- gramm geprüft. Entsprechende Berichte werden von den Prüfstellen an den Zertifizierer kommuniziert, der dann über den Hersteller die Konformität in Form eines Baumuster-Prüfzertifikates oder (bei der reinen Trinkwasser Hygieneüberwachung) eines Hygienezertifikates bescheinigt. Das folgende Schema verdeutlicht die Struktur dieses Prozesses:
 KRV Nachrichten, Juni 2023
KRV: INFORMIEREN | ORIENTIEREN | ANALYSIEREN 19
Bild 1: Schema der Fremd- und Eigenüberwachung
























































































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