Definition

Voraussetzungen für schadenfreie offene Erdverlegung von Kunststoffrohren

Zur Sicherung einer optimalen Einbauqualität und zur Vermeidung von Straßenschäden müssen die im Kanalbau eingesetzten Verfüllungsmaterialien ein bodentypisches Verhalten aufweisen. Hierbei ist auch auf die Vermeidung eines ungünstigen Rohrauflagerwinkels, unzureichende Zwickelverdichtung oder Schwindungen des Verfüllmaterials zu achten. Die eingebauten Bauteile (wie Rohre, Leitungen, Kabel, etc.) sind durch das eingesetzte Verfüllmaterial vor mechanischen Beschädigungen und chemischen Einwirkungen zu schützen.

Der Entwicklung des Flüssigbodenverfahrens zur Nutzung aller bautechnisch relevanten Bodenarten ging auch der Wunsch voraus, bekannte Qualitätsprobleme für Kanäle, Leitungen und Straßen zu überwinden:

  • Setzungen als Folge von Verdichtungsproblemen oder als Folge von Drainagen in den Verfüllbereichen
  • Setzungen als Folge von sich nicht zum Umgebungsboden in seiner Form und Größe gleich verhaltendem Verfüllmaterial (siehe Bild 1)
  • Rohrbrüche als Folge von schlechten bzw.  unfachgerechten Zwickelverdichtungen
  • Straßenschäden als Ergebnis nicht verdichteter Verbauspuren
  • Straßenschäden als Folge von Durchstempelungen fester Fremdkörper unter der Straße oder Ausspülungen und Sackungen
  • Straßen- und Rohrschäden als Folge von fehlendem Verbund zwischen Verfüllmaterial und Grabenwänden
  • Folgen der Verletzung umweltrechtlicher Forderungen des Gesetzgebers.

Bild 1: Vergleich der offenen Verlegung von Kunststoffrohren in der klassischen Bauweise mit der Flüssigbodenbauweise
Quelle: Lesch Consult, Würzburg

Flüssigboden – ein Baustoff mit Zukunft

Der innovative Baustoff stellt heute bereits bei unterschiedlichen Projekten eine neue Einbautechnologie dar, z. B. bei der Verfüllung von Gräben für Rohre und Leitungen, bei Reparatur- und Abdichtungsarbeiten, bei der Schacht- und Hohlraumverfüllung, aber auch bei der klassischen Bodenverbesserung im Straßenbau oder als Sperrelement im Damm- bzw. Deichbau kann er eingesetzt werden.

Flüssigboden ist ein fließfähiger Verfüllstoff. Zur Wiederverfüllung des offenen Grabens vorgesehenes ausgehobenes Bodenmaterial wird fließfähig gemacht, um es zum Einbau von erdverlegten Bauteilen zu verwenden. Dazu wird ein Gemisch aus Aushubmaterial und Zusatzstoffen (wie z. B. Plastifikator, Beschleuniger, Stabilisatoren, etc.), sowie Zugabewasser und gegebenenfalls Spezialkalk hergestellt und verfüllt. In Sonderfällen können noch andere umweltverträgliche Materialien zur gezielten Veränderung einzelner Eigenschaften beigefügt werden.

Das Flüssigbodenverfahren ermöglicht es, beliebige Arten von Bodenaushub, industriell hergestellte und natürliche Gesteinskörnungen, sowie andere mineralische Stoffe durch die Vermischung mit Zusatzstoffen und Wasser zuerst in einen plastisch bis fließfähigen Zustand zu versetzen und anschließend mit den bodenmechanisch relevanten Eigenschaften des Ausgangsmaterials oder mit gezielt geänderten Eigenschaften rückzuverfestigen. Flüssigboden hat besondere, zeitabhängige Eigenschaften. Die Konsistenz bei der Verarbeitung kann von fließfähig bis plastisch eingestellt werden. Die „Rückverfestigung“ erfolgt auf der Grundlage dauerhaft stabiler Wasserbindungen in der Bodenmatrix oder aufgrund der Strukturen der zugegebenen Schichtmineralien.

Weil keine bodenfremden Zusatzstoffe und demnach auch keine abträglichen Chemikalien verwendet werden, führt der Einsatz von Flüssigboden zu einem aktiven Schutz des Bodens und des Wirkungspfades Boden-Grundwasser. Die Untersuchung und Bewertung des Ausgangsbodens, seine Bewertung, die Verwendung der speziell geeigneten Zusatzstoffe und die richtige Umsetzung der Rezeptur durch qualifizierte und zugelassene Fachkräfte und dafür geeignete Verfahrenstechnik sichern eine hochwertige und umweltfreundliche Flüssigbodenherstellung.

Bilder 2 und 3: Einbringen von Flüssigboden in einen Verfüllgraben
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCssigboden, https://www.heinze.de/produktserie/fluessigboden-und-waermeleitfaehiger-beton/11428217/1/

Bild 4: Erdverlegung von Kunststoffrohren mit Flüssigboden
Quelle: FBR Flüssigboden Rheinland, Köln

Zusatzstoff Beschreibung
Ausgangsmaterial Das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Flüssigboden sind beliebige Arten von Bodenaushub (zur Wiederverfüllung vorgesehenes ausgehobenes Bodenmaterial) oder andere mineralische Stoffe.
Flüssigboden kann nicht nur aus beliebigen Aushubböden, sondern auch aus ausgewähltem Recyclingmaterial ohne resthydraulische oder den Feuchtehaushalt ungeplant verändernde Inhaltsstoffe und aus anderen geeigneten Schüttstoffen hergestellt werden.
Zusatzstoffe Als Zusatzstoffe werden beim Flüssigboden spezifische Plastifikatoren verwendet, Beschleuniger, spezifische Stabilisatoren, die als bodenartig bezeichnet werden können, da sie aus Materialien bestehen, die im Boden auch in natürlicher Form vorkommen (wie z. B. Tonminerale), sowie Zugabewasser und gegebenenfalls Spezialkalk. 
Plastifikator Der Plastifikator ermöglicht eine temporäre Fließfähigkeit eines Verfüllmaterials aus Boden. Ein Plastifikator hat die Aufgabe, das Zugabewasser im fließfähigen Zustand des Flüssigbodens in der Bodenmatrix zu halten (Retensionsvermögen). Ein Plastifikator ermöglicht somit auch die Bildung eines Wasserfilms oder von Gleitschichten zwischen den Bodenpartikeln und dadurch die temporäre Fließfähigkeit der entsprechenden Bodenmatrix.
Plastifikatoren können z. B. Bentonitsuspensionen und spezielle Schichtmineralien sein. Ihre Eignung ist im Einzelfall zu prüfen und nachzuweisen. Als Plastifikatoren für Flüssigboden haben sich spezifisch veränderte Schichtmineralien bewährt. Diese können schon in geringen Mengen auch höhere Wassermengen eines Bodens stabil und unter Einbaubedingungen dauerhaft aufnehmen.
Beschleuniger Als Beschleuniger werden heute oftmals hydraulische Beschleuniger eingesetzt. Andere Materialien sind als Beschleuniger ebenfalls geeignet, jedoch zur Zeit wirtschaftlich meist ungünstiger. Hydraulische Beschleuniger sind Zemente, die einen geeigneten und speziell erforderlichen Hydratationsverlauf aufweisen. Sie entziehen beschleunigt,  zu einem zeitlich definierten Zeitpunkt, dem zugesetzten Plastifikator das Zugabewasser. Dadurch werden die sogenannten Gleitschichten abgebaut und eine hohe Reibkraft entsteht an den Bodenpartikeln eine Flüssigbodenmatrix. Folglich wird das vormals fließfähige Material plastisch. Danach wird das restliche Zugabewasser vom ebenfalls dem Prozess zugeführten „Stabilisator“ dauerhaft aufgenommen und gebunden.
Stabilisator Der Stabilisator ist ein Zusatzstoff, welcher die bereits durch einen Beschleuniger bewirkte Plastizität des in die Baugrube eingebrachten Flüssigbodens weiter herabsetzt und dadurch die Rückverfestigung mit den Ausgangseigenschaften des Bodens vorantreibt.
Wasser und Kalk Das Zugabewasser ist die Menge an Wasser, die dem Flüssigboden (abhängig von der notwendigen Konsistenz) zugegeben wird, um ihn zeitweise fließfähig zu machen. Spezialkalk wird zur Konditionierung extrem toniger oder feuchter und rieselunfähiger Böden eingesetzt. Seine besonderen Eigenschaften verhindern das unkontrollierte Nacherhärten, wie es beim konventionellen Aufkalken solcher Böden immer wieder zu beobachten ist