Definition

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Definition

Nach DIN EN 12889 wird “HDD - Horizontal Directional Drilling" wie folgt definiert:

"Dieses steuerbare System setzt für die Verlegung von Rohrleitungen eine Bohranlage ein. Eine Pilotbohrung wird durch einen steuerbaren Bohrkopf mit flexiblem Bohrgestänge vorgetrieben. Die Bohrung wird mit Räumern erweitert, bis der für die Rohrleitung erforderliche Durchmesser erreicht ist, und anschließend wird/ werden das Rohr/ die Rohre in die erforderliche Position eingezogen oder eingeschoben.“

Allgemein

Beim Horizontal-Spülbohrverfahren bzw. HDD-Verfahren (Horizontal Directional Drilling) handelt es sich um ein steuerbares, umweltschonendes Nassbohrverfahren bei Neuverlegung in neuer Trasse, welches nach einem kombinierten Wirkungsprinzip aus mechanischer Technik und gesteinslösenden Wasser- bzw. Bohrsuspensionsstrahlen arbeitet. Ein Teil des gelösten Materials wird über den Rückfluss entlang des Bohrgestänges ausgetragen. Der andere Teil verbleibt durch partielle Umlagerung des Lockergesteines im Umgebungsbereich der aufgefahrenen Bohrung. In diesem Bereich entsteht durch die Reduzierung von Porenraum eine dichtere Lagerung. Der Eintrag der Bohrsuspension in den verbleibenden Porenraum hat eine stabilisierende Wirkung zur Folge. Die Position des Bohrkopfes ist i. d. R. durch Ortung nach dem Sender-Empfänger-Prinzip jederzeit feststellbar.

Die Spülbohrung erfolgt in drei Arbeitsschritten: siehe Details Verfahrensbeschreibung

  1. Pilotbohrung: Pilotrohrstrang mit dem Durchmesser der Bohrlanze wird entlang des geplanten Bohrprofils bis zur Zielbaugrube bodenaustragend / bodenverdrängend gesteuert vorgetrieben. Dort wird die Bohrlanze vom eingebrachten Bohrgestänge abgeschraubt und ein in Gegenrichtung orientierter Aufweitkopf angeschraubt.
  2. Aufweitungsbohrung: Der Aufweitkopf bewegt sich im Rückwärtsgang rotierend und spülend durch die Pilotbohrstrecke und weitet diese auf. Bei größeren Durchmessern und schwierigen geologischen Untergrundverhältnissen sind mehrere Aufweitvorgänge erforderlich. Der Aufweitungsdurchmesser sollte mindestens 30 % größer sein als der Außendurchmesser des einzuziehenden Produktrohres, damit der entstehende Ringraum mit genügend Bentonit für eine allseitige und kraftschlüssige Leitungseinbettung verfüllt wird.
  3. Rohreinzug: Das Abwasserrohr wird direkt hinter dem Aufweitkopf befestigt und eingezogen. Der Einzug wird durch die Bentonitbohrspülung erleichtert, da diese als reibungsminderndes Gleitmittel wirkt.

Die gesteuerte Bohrtechnik hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erfahren. Gesteuerte Bohreinsätze, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schienen, gehören heute zum Baustellenalltag. Das Anwendungsspektrum für HDD-Verfahren erstreckt sich auf alle horizontalen Rohrbaumaßnahmen (Längsverlegungen) im Rahmen der Gas-, Fernwärme- und Trinkwasserversorgung, der Verlegung von Abwasserdruckleitungen sowie Kabelschutzrohren für TV- oder Telekommunikation, Verkehrsleitsystemen, Notrufsäulen oder für Nieder-, Mittel-, Hochspannungskabel und Lichtwellenleiter, Dükerungen und Gebäudeunterquerungen, bei Drainage- und Bewässerungsaufgaben.

Mit dem HDD-Verfahren ist bei kleinen Bohranlagen eine Längsverlegung von bis zu 500 m möglich und auch Flussdurchquerungen und Unterbohrungen von Industriekomplexen können umgesetzt werden. Die maximale Tiefe liegt bei 12 m. Durch flexible Bohrstränge können Kurvenradien von minimal 12 m gebohrt werden. Das Verfahren ist sehr umweltschonend, da nur im direkten Bereich der Anlage in die Ökologie eingegriffen wird.

Die Bohranlage besteht aus dem Bohrwerkzeug, einer Bohremulsion bzw. Bentonit-Mischanlage und der dazugehörigen Hydraulikstation. Vor Beginn der Bohrung muss das Gelände bezüglich Bodenbeschaffenheit und Fremdleitungen erkundet werden. Dementsprechend werden die Bohrgeräte und Bohrwerkzeuge ausgewählt, welche sich nach Bohrlänge, Rohrdurchmesser und Bodenbeschaffenheit richten.

Bild 1: HDD-Verfahren mit Pilotbohrung für Düker
Quelle: Deutsche Telekom


Beschreibung Schutzmantelrohre für HDD-Bohrverfahren

Speziell für alternative Verlege- und Sanierungsverfahren entwickelt, leisten Schutzmantelrohrsysteme hohen Widerstand gegen langsames und schnelles Risswachstum. Die nach PAS 1075 Typ 3 zertifizierten Schutzmantelrohrsysteme bieten zusätzlich höchste Sicherheit bei Punktlasten.

Der Einsatz von Schutzmantelrohren (Mehrschicht-Kunststoffrohrsysteme) mit höchstem Widerstand gegenüber Spannungsrissen, wie z. B. mit einem Kernrohr bzw. Medienrohr aus Polyethylen PE 100-RC (Resistant to Crack) und einem Schutzrohrmantel aus Polypropylen PP wird auch in dem DVGW Regelwerk GW 321 für den Einsatz bei HDD-Bohrverfahren empfohlen.

Bild 2 + 3: Aufbau eines Schutzmantelrohres
Quelle: Simona AG, Kirn

Der Schutzmantel schützt das Kernrohr vor unzulässigen Beschädigungen (z. B. beim Einziehverfahren in der Sanierung wie beim HDD-Verfahren) durch scharfkantige Berstfragmente oder Steine. Eine Rissfortpflanzung vom Schutzmantel ins Kernrohr ist ausgeschlossen.

Vorteile:

  • Schutz vor Riefen und Kerben
  • Hohe Riss- und Rissfortpflanzungsbeständigkeit
  • Rissfortpflanzung vom Schutzmantelrohr (PP) ins Kernrohr (PE 100-RC) ist ausgeschlossen
  • Bessere Verteilung der Punktlasten


Rohre aus Polyethylen PE 100-RC für alternative Verlegetechniken gemäß PAS 1075

Mit der Weiterentwicklung der grabenlosen Verlegeverfahren für die Neuverlegung und der Sanierung von erdverlegten Ver- und Entsorgungsleitungen war es notwendig, den Werkstoff Polyethylen (PE100) so zu verbessern, dass ein hoher Widerstand gegen äußere mechanische Beschädigungen erreicht wird (Spannungsrißbeständigkeit).

Durch die Entwicklung von bimodalen PE 100-RC Werkstoffen mit hohem Widerstand gegen langsames und schnelles Risswachstum wurde dieses Ziel erreicht. Die Klassifizierung dieser Werkstoffe ist durch die PAS 1075 – Rohre aus Polyethylen für alternative Verlegetechniken: Abmessungen, technische Anforderungen und Prüfung – definiert. In der PAS 1075 (PAS= Publicly Available Specification) bei der es sich um eine Ergänzung zu  bestehenden Normen und Richtlinienwerken handelt, wird zwischen drei RC-Rohrtypen (RC= Resistance to Crack/ Spannungsrißbeständigkeit) unterschieden.

Typ 1: Einschichtige Vollwandrohre aus PE 100-RC
Typ 2: Rohre mit maßlich integrierten Schutzschichten aus PE 100-RC
Typ 3: Rohre mit Abmessungen nach DIN 8074/ISO 4065 mit äußerem Schutzmantel. Kernrohr aus PE 100-RC.

Anhand der Materialspezifikationen und –nachweise kann demnach empfohlen werden, dass für die sandbettfreie Verlegung von Polyethylenrohren, in z. B. aufbereitetem und verdichtungsfähigem Grabenaushub, Rohre gemäß PAS Typisierung Typ 1 und Typ 2 verwendet werden.

Bei zu erwartenden Extrembelastungen, wie den alternativen Verlegeverfahren  HDD-Spülbohren, ist der Typ 3 einzusetzen. Dies entspricht auch weitestgehend den Empfehlungen der DVGW Regelwerke GW 321 (Steuerbare horizontale Spülbohrverfahren für Gas- und Wasserleitungen; Anforderungen, Gütesicherung und Prüfung).


Verlegbare Rohrleitungssysteme

„Mit den kleineren HDD-Horizontalbohranlagen lassen sich prinzipiell nahezu alle längskraftschlüssigen Rohrleistungen verlegen. Dies sind insbesondere:

  • Kommunikations-, Melde- und Steuerkabel
  • Stromkabel
  • Leerrohre aus Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP)
  • Dünnwandige Stahlrohrleitungen
  • Trinkwasserleitungen aus PE oder PP
  • Erdgasleitungen aus Polyethylen (PE)
  • Flexible Fernwärmeleitungen mit maximalen Außendurchmessern von 220 mm
  • Drainageleitungen mit geschlitzten, gelochten oder porösen Oberflächen bis 355 mm sowie Leitungsbündel mit max. sechs Leerrohren zu 50 mm bzw. fünf zu 63 mm
  • Gussrohre mit längskraftschlüssigen Muffenverbindungen bis DA 144 mm.

Mit den großen HDD-Horizontalbohranlagen sind neben den oben genannten Leitungstypen auch folgende Rohrleitungssysteme verlegbar, wobei deren Länge und Außendurchmesser in Relation zur HDD-Gerätegröße steht.

  • Gussrohre mit längskraftschlüssigen Muffenverbindungen bis DA 842 mm
  • Stahlrohre bis max. DA 820 mm
  • Elastische Kunststoffrohre bis ca. DA 1400 mm
  • Leitungsbündel mit zusammen max. DA 1400 mm
  • Horizontale Brunnenfilterrohre
  • Stahlstangen und Erdanker für bautechnische Unterfangarbeiten.“

Quelle: HDD-Praxis-Handbuch, H.-J. Bayer